„Streikuni – noch nie gehört!“ Das werden viele antworten. Gewerkschaften scheinen einfach out zu sein. Gelten sie doch als Relikte einer verstaubten Zeit. Zumindest das wird uns in der aktuellen Hochzeit des Neoliberalismus so weisgemacht. Um so dringlicher sind deshalb neue Formen der Gegenwehr wie die Streikuni.
Streikuni bedeutet ausgeschrieben Streikuniversität. Bei dem Begriff handelt es sich also um die Universität des Streiks. In den Betrieben ist man allzuoft nicht oder nur wenig organisiert, vom Streiken weit entfernt. Sich gemeinsam zu wehren, wie soll das gehen? Was ist überhaupt ein Streik? Wie geht das? Werde ich entlassen? Dann: Genug Betriebsräte scheinen zu vergessen, dass sie die Interessen derer vertreten, die sie gewählt haben. Es gibt recht viele Problemlagen und die auch noch gleichzeitig. Vielleicht trägt die Streikuni zu deren Bewältigung/Lösung bei. Zu erhoffen wäre es jedenfalls.
Die Streikuni kann einen Beitrag zum Aufbau von Gegenöffentlichkeit leisten, hilft sie gegen die allumfassende neoliberale Ideologie auf betrieblicher Ebene zu immunisieren – gegengewichtig zu den Massenmedien, die von den eigenen Interessen entfremden. Schließlich spiegeln die Massenmedien die neoliberalen Machtverhältnisse wieder.
Apropos Massenmedien, in der medialen hr-Berichterstattung (hessenschau am 27. April 2016, 1930 Uhr) gibt es mehrfach die Moderatoren-Formulierung, dass „ver.di die Muskeln spielen läßt.“ Solche im Grundtenor abwertenden Aussagen findet man bei Berichten des hr über Unternehmen hingegen höchst selten. Warum nur laute, schreiende streikende Frauen ganz am Anfang des Reports über den Flughafen-Warnstreik (Öffentlicher Dienst)? So etwas wirkt nie sympathisch. Wenn das nicht Ausdruck des Klassenkampfes von oben ist, was dann? Über letzteren wird jedenfalls kaum in unseren Massenmedien kritisch berichtet.
Es gibt immer weniger, dafür umso größere Konzerne, einhergehend mit immer zahlreicheren Kleinunternehmen, die die unterschiedlichsten tariflichen Strukturen aufweisen. Auch die Auslagerungen von vormals städtischen Betrieben mit einhergehender Zerstückelung in unternehmerische Einheiten gehören hierzu.
So wird Konkurrenz in kleinen Einheiten erzeugt: Die lohnabhängig Beschäftigten fühlen die Konkurrenzsituation der kleinen Betriebe untereinander hautnah. Die Beschäftigten werden gegeneinander ausgespielt – man will ja Kündigungen und Betriebsschließungen/-verlagerungen verhindern – und steht dann noch in direkter Konkurrenz untereinander als Lohnabhängige: „Wenn es Dir/Ihnen nicht passt, kannst/können Du/Sie ja gehen“.
Vielfach gehen so die gemeinsamen Interessen unter. Die Streikuni will genau dem entgegenwirken. Man organisiert sich (gewerkschaftlich) betriebsübergreifend. Die (frankfurter) Streikuni wird von lokalen Mitgliedern der GEW und ver.di getragen, ist für (noch) nicht-Gewerkschaftler offen.
Von diesem neuen „Geist“ beseelt war auch der gemeinsame und sehr deutliche Warnstreik auf dem Frankfurter Flughafen. Unterschiedlichste Betriebe probten den gemeinsamen Streik. Städtische Bühnen und Flughafenfeuerwehr sind zwar von der Art der Beschäftigung sehr unterschiedlich; dennoch eint sie das gemeinsame Grundinteresse: Vernünftig leben zu können und im Alter noch genug zum Beißen zu haben, das gehört einfach dazu.
Moderne Streiks werden öffentlich geführt, am besten mit neuen und passenden Ideen. Da kommt das Konzept der solidarischen und übergreifenden Streikuni genau richtig.