Reden zum Aktionstag von AufRecht bestehen Rhein-Main am 10. März 2016

Logo-2Nachfolgend zwei Reden zum Aktionstag »Die Kommunalwahlen sind vorbei – jetzt geht es weiter gegen die Inter­es­sen von Erwerbslosen und Prekären !« der Erwerbslosenkampagne AufRecht bestehen Rhein-Main

am Donnerstag, 10. März 2016, 14 Uhr,
in Frankfurt am Main, Fischerfeldstraße 7-11:
Blockade des Eingangs der SPD-Geschäftsstelle

Rede 1 von Helga Röller:
Für was und gegen was demonstriert heute AufRecht bestehen Rhein-Main? Wer und was ist AufRecht bestehen?

AufRecht bestehen gründete sich, als die ersten Pläne für ein weiteres Hartz-IV-Gesetz in die Öffentlichkeit drangen. Das war 2014. Jetzt, zwei Jahre später ist das 9. (!) Änderungsgesetz SGB II im Parlament. Von Beginn an als Geheimsache – hinter verschlossenen Türen geplant, wurden die ersten Papiere einer Erwerbslosengruppe zugespielt. Weitere Dokumente wurden nur deshalb veröffentlicht, weil eine Erwerbslosengruppe dies gerichtlich erzwang. Die Betroffenen wurden vor dem Einbringen ins Parlament nicht gehört – Ministerin Nahles lehnte im Herbst letzten Jahres Gesprächsangebot von AufRecht bestehen ab.

Zurzeit ist also das Parlament mit einer Gesetzesverabschiedung beschäftigt, dass sich durch zahlreiche und gravierende Änderungen im „Hartz IV“ oder das Zweite Buch Sozialgesetzgebung auszeichnet. Das Vorhaben erhielt die irreführende Ettikettierung „Rechtsvereinfachung“ und soll am 1. August dieses Jahres in Kraft treten. Tatsächlich enthält der Gesetzentwurf eine Viel­zahl von Verschlechterungen, deren negative Auswirkungen teils gravierend sind. Ich nenne es eine Mogelpackung. Andere sprechen davon, dass nach dem Inkrafttreten von Hartz V gesprochen werden kann.

Rechtsvereinfachungen – Verwaltungsvereinfachungen: Bürokratieabbau für mehr Zeit für Betreuung und Vermittlung der Leistungsberechtigten? Vereinfachung im Sinne der betroffenen Erwerbslosen und Aufstockern sieht anders aus!

Die beabsichtigten Änderungen basieren auf dem Blickwinkel der Verwaltung der Bundes­agentur für Arbeit und der Jobcenter.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 Nachbesserungen bei den Hartz-IV-Gesetzen angemahnt. Der jetzt im Bundestag eingereichte Gesetzentwurf enthält jedoch statt Nachbesserungen Verschärfungen. “Willkommenskultur” ist offensichtlich auch in “Job­centern” ein Fremdwort. So wie die Flüchtlingsdebatte von Parteien bis hin zu den Grünen genutzt wurde, um Verschärfungen und schnellere Abschiebungen durchzusetzen, sollen nun auch die Sanktionen gegen Hartz IV-Beziehende verschärft und damit der Druck auf Menschen ohne dickes Konto weiter erhöht werden.

Erwerbslose und prekär Beschäftigte fordern, den geplanten Gesetzesverschärfungen nicht zuzustimmen. Wir fordern, entweder die vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Nach­besserungen einzuarbeiten oder das gesamte Gesetzesvorhaben zu stoppen.

Das Bündnis AufRecht bestehen ist ein deutschlandweites Bündnis von Erwerbs­losen­netzwerken und Gruppen. Die Koordinierung teilen sich Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO), Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen (BAG PLESA), Erwerbs­losen­forum Deutschland, Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), Tacheles e.V. Wuppertal und ver.di-Erwerbslose.

AufRecht bestehen Rhein-Main versteht sich als ein regionaler Ableger mit Aktionen am 2.10.2014 und 16.4.2015 in Frankfurt am Main mit den Gruppen AG FELIA (eine Arbeits­ge­meinschaft im Kreisverband Frankfurt/M. der LINKEN), Arbeitskreis Christy Schwundeck, Frankfurt/M.; Arbeitskreis Soziales der Piratenpartei Hessen; Frankfurter Arbeits­losen­zentrum e. V. (FALZ); Initiative für soziale Gerechtigkeit e. V., Wiesbaden; M.A.I. Metal­ler-Arbeitslosen-Initiative der IG Metall Frankfurt/M., dem SGB 2 Dialog Offenbach/M.

Frankfurt am Main, 10.3.2016
Helga Röller
für AufRecht bestehen Rhein-Main
aufrechtbestehen.rheinmain111@111gmail.com {kleiner Spamschutz: Die Einsen bitte entfernen}

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Rede 2, ebenso von Helga Röller:
Kritik an der Politik der SPD gegen prekär Beschäftigte und Erwerbslose

Die Bundes-SPD hält noch immer an der Agenda-Politik fest. Voller Selbstlob wird über die Agenda 2020 geredet als Weiterführung der „epochalen Reform“ (Zitat von Peer Steinbrück), damit ist Hartz IV-Gesetzgebung gemeint.

In der Vergangenheit und in der Gegenwart biedert sich diese Partei den Wirtschaftsverbände und der Finanzaristokratie an. Sie reklamiert für sich, dass es eine SPD-Regierung im Bündnis mit den Grünen war, die mit den Hartz-Gesetzen weitaus schärfere und einschneidendere Sozial­kürzungen durchgesetzt hat, als konservative Regierungen vorher und nachher.

Mit der Agenda 2020 wollen die sozialdemokraten Funktionäre nun den Sozialabbau inten­si­vieren. Sie arbeiten Hand in Hand mit einer kriminellen Finanzaristokratie, die im Namen einer so genannten Bankenrettung die Staatskasse geplündert hat und nun die Schuldenkrise nutzt, um alle sozialen Zugeständnisse zu zerschlagen, die die herrschende Klasse nach dem Zweiten Weltkrieg und angesichts der Systemkonkurrenz mit der Sowjetunion machen musste.

Der Sozialstaat und alles, was davon noch übrig ist – also Tariflöhne, gesetzlicher Kündigungs­schutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, gesetzlicher Mutterschutz, staatliche Renten-, Kranken- und Unfallversicherung – soll nun im Namen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit endgültig geschleift.

Die Wirtschaftsverbände klatschen Beifall. Nicht nur diese.

Millionen Mitglieder und Wähler haben der Partei SPD den Rücken gekehrt.

Sehr viele SPD-Parteimitglieder und Wähler mussten mittlerweile erfahren, was Hartz-IV be­deutet.

Ich gehe zurück in Jahr 2010:
Die SPD-Parteispitze wollte damals von ihren aktiven Mitgliedern wissen, warum die Partei so dramatische Stimmenverluste bei der letzten Bundestagswahl hinnehmen musste. Dazu ver­sandte die Parteispitze Fragebögen mit insgesamt 10 Fragen an ihre Ortsvereine. Das Ergebnis hätte nicht eindeutiger sein können und zeigt wie sehr sich die SPD-Spitze von ihrer Basis ent­fernt hat.

Die SPD-Basis macht vor allem die Einführung und Umsetzung der unsozialen Hartz IV-­Reformen für den dramatischen Stimmenverlust verantwortlich.

Auf die Frage, was denn beim letzten Wahlkampf “positiv” gewesen sei, antworteten die meisten Ortsmitglieder laut dem Magazin “Der Spiegel” mit “nichts”.

Nach mehr als zehn Jahren innerparteilicher Auseinandersetzung, begleitet von Niederlagen bei Bundestagswahlen, sucht die SPD ihren Frieden mit der Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen. In einem gemeinsamen Artikel für die Süddeutsche Zeitung würdigen Parteichef Sigmar Gabriel und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die einst zu der schärfsten Kritikerin der rot-grünen Reformen gehörte, überraschend deutlich die Erfolge der Politik des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Es sei zwar umstritten, “wie stark genau die Arbeitsmarktreformen” zur Ver­ringerung der Arbeitslosigkeit von fünf auf drei Millionen beigetragen hätten. “Dass aber die Re­formen der Agenda 2010 einen großen Anteil an der erfolgreichen Bekämpfung der Massen­ar­beitslosigkeit hatten, ist unbestritten.”

Das krampfhafte ‘dagegenhalten’ der SPD-Führung sollte uns nicht abhalten, die Frage zu stellen : Wann wird die SPD den Fehler ‘Hartz IV’ zugeben und sich entsprechend zu verhalten ?

Das Gesetz zur Rechtsvereinfachung im SGB II – oder das 9. (!) Änderungsgesetz im Zweiten Buch Sozialgesetze durchläuft zur Zeit die parlamentarische Gesetzgebung.

An dieser Stelle eine Verschärfung, die Erwerbstätige betreffen werden, also diejenigen, deren Verdienst unter dem Existenzminimum bleibt – trotz gesetzlichenMindestlohnes.

Das Gesetz enthält die Bestimmung, zukünftig Freibeträge zu streichen. Das bedeutet, die er­gänzenden Hartz IV-Leistungen werden weniger.

Eine weitere Verschärfung gegenüber den Be­schäf­tigten : Ihnen wird ein Teil ihres ergänzenden Hartz IV weg genommen werden. Dauerhaft wird komplette ergänzendeHartz IV-Leistungen entzogen, wenn sich geweigert wird, einen unbefristeten Teilzeitjob zu kündigen statt eine be­fristete Vollzeitarbeit anzunehmen.

Unsere Forderungen

Wir fordern von der SPD in der Bundesregierung den unverzüglichen Stopp des sog. Rechts­ver­einfachungsgesetzes im SGB II, es ist das 9. (!) Änderungsgesetz.

Die SPD in Frankfurt und im Unterbezirk sollte sich stark machen, dass das Gesetzpaket nicht die parlamentarische Mehrheit erhalten wird.
Nochmal: Stoppt das unsägliche 9. Änderungs­ge­setz im SGB-II.

Frankfurt am Main, 10.3.2016
Helga Röller
für AufRecht bestehen Rhein-Main
aufrechtbestehen.rheinmain111@111gmail.com {kleiner Spamschutz: Die Einsen bitte entfernen}

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